Samstag

Die Aufregung in der Schwarmzeit


Ende April, spät am Abend "höre ich das Volk", das mache ich immer, bevor ich ins Bett gehe, denn meine Bienen hängen auf dem Balkon vor dem Schlafzimmerfenster in 8 m Höhe, regengeschützt unter dem Dachvorsprung unseres Hauses.

In der Umgebung ist es still geworden und ich höre dem Flügelschlag der auf dem Anflugtrichter sitzenden Bienen zu. Aus dem Inneren dringt diese tiefe, sonore Stimme des Volkes, die sie gemeinsam in die Nacht sprechen. Das sagt mir, alles ist in Ordnung, wir sind zufrieden, es geht uns gut. Meine Nase ist ganz dicht vor dem Einflugbereich des Bienenkorbes, wenn ich beim Ausatmen den Atem auf die Bienen vor mir lenke, verändert sich „die Stimme“ augenblicklich, wird höher, wie ein raunen, pass auf, wir werden nervös! Der Stickstoffgehalt der ausströmenden Luft meines Atems sagt den Bienen: Achtung Gefahr, Eindringling beschnüffelt unsere Luftburg. Jede betroffene Biene tut es Kund durch erhöhten Flügelschlag. Die eine oder andere Wächterbiene fliegt auf und versucht den Störenfried zu erreichen, andere gehen aufgeregt hin und her. Zu spät, ich habe meine Unvorsichtigkeit rechtzeitig bemerkt und bin zurückgewichen. Nach ein paar Rundflügen landen die Bienen wieder und die Situation beruhigt sich schnell.


Die Stimme ist wieder da. Als ich so nah war, habe ich beim Einatmen durch die Nase einen Duft bemerkt. Dem will ich nochmals nachgehen und nähere mich wiederholt mit meiner Nase dem Korb und den Bienen. Ausgeatmet wird jetzt nicht mehr auf die Bienen, ich halte mir die Hand vor den Mund, die Bienen bleiben ganz ruhig. Ein süsssaurer schwerer Duft verlässt unter dem Flügelschlag der Bienen den Korb. Ein unbekannter Duft, aber irgendwie betörend, aufregend, das Herz erfreuend, wie das Parfum einer Angebeteten vielleicht. Alles ist gut, denkt es in mir, alles ist in Ordnung und doch so spannend, wie in einem Roman zu lesen. Die Bienen "trocknen" ihren Honig. Wenn er zuviel Wasser hat, fängt er an zu gären. Das würde ihn unbrauchbar machen für die Bienen, die ihn doch als ihre Nahrung brauchen. Also kenne ich den Grund für die Feuchte in dieser warmen Strömung, die da herauskommt.
Nach ein paar Minuten höre ich einen neuen Ton im Korb, quak quak oder tut tut macht es im Inneren. Jetzt erhöht sich auch meine Pulsfrequenz. Es wird geschehen, morgen wird es geschehen rasen die Gedanken durch meinen Kopf. Juhu, morgen bin ich zu Hause und ich kann dabei sein, wenn es passiert. 

Gemeint ist, eine neue Königin hat sich aus ihrer Brutzelle zu Wort gemeldet. Quak bedeutet, ich komme bald, macht euch bereit, sind noch andere Königinnen da ausser mir, ruft sie mit dem "Quak"... und horcht, ob sich noch eine Schwester meldet. Haben Bienen eigentlich Ohren? Weiss ich grad gar nicht. Jedenfalls bin ich glücklich, wünsche ihnen eine schöne Nacht und verlasse meine Bienen in Richtung Schlafzimmer.
Es ist sicherlich das aufregendste Ereignis, das einem als Bienenfreund passieren kann. Dabei zu sein, wenn die Bienen schwärmen! Werden sie gleich nach dem Verlassen des Korbes wegfliegen auf nimmer Wiedersehen oder werden sie auf mich warten, dass ich ihnen eine neue Luxuswohnung geben darf?



 


Wo werden sie sich niederlassen, ja, wird morgen blauer Himmel und strahlender Sonnenschein sein? Ist mein neu gefertigter Korb auch wirklich fertig und hängt er gut und am richtigen Ort? Natürlich, er hängt schon im Baum und wartet auf die Bienen!


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