Samstag

Die Amsel singt

Frühlingserwachen, Ostern steht bevor… 

An diesem Morgen, in noch dunkler Nacht, beginnt das Lied des Amselmännchens. Hier bin ich, hört ihr mich, ihr anderen Amselmännchen? Mein Lied soll euch sagen, auch heute bin ich wieder in meinem Revier, ich grüsse Euch mit meinem kunstvoll vorgetragenen Lied! Wenn ihr mich hören könnt, dann seid ihr bei mir in meinem Revier, haltet Abstand! Ein schönes Lied das mich also erinnert, Abstand zu halten, vielleicht ein Aufruf, den ich mit in den Tag nehmen sollte? Respekt vor dem und den Anderen, mit Abstand betrachten, was das und der Andere darlebt? 

Die Luft des Morgens ist kalt, sie riecht nicht, sie ist wie rein, ohne Duft, unbelastet, irgendwie neu, wie der kommende Tag.

Gestern flogen die Bienen aus den Körben. Gott sei Dank, in allen Körben ist Leben. Der Bien erwacht langsam aus dem Winterschlaf. Mit der wärmenden Sonne wird es den Bienen möglich den Korb zu verlassen. Endlich aufs Klo gehen, eine Runde fliegen! Vielleicht schon mal nach den Blumen sehen? Überall im Garten spitzt das Grün hervor, fast unmittelbar verfolgt von weissen, gelben, blauen, und lila Blütenfarben der verschiedenen Pflanzen. 


Tatsächlich, einzelne Rückkehrer an den Bienenkörben haben schon dicke gelbe und orangefarbene Höschen an den Beinen. Schleppen sich eilend aufwärts ins Dunkel, wohl streben sie ins warme Brutnest und bringen den Beweis dessen, dass es wiederum beginnen kann: das neue Bienenjahr. Hoffnung und Zuversicht, in gelb, und orange, leuchtend draussen für mein Auge, aber drinnen ist es dunkel, sind diese Farben im inneren des Bienenkorbes eigentlich auch noch so fröhlich bunt, wie sie draussen meinem Auge erscheinen?

Vielleicht ist es drin im Bienenkorb ein Geruchs- und Geschmacksfeuerwerk und macht bei den Bienen, die daheim geblieben sind eine besondere Stimmung. Seht her, wir haben frisches leckeres Futter gesammelt für unsere Kinder, wir können beginnen! Alles ist gut, wir können uns entfalten. Jeder soll jetzt wieder Aufgabe und Neigung nachkommen.
Aus der dichten Wintertraube, die die Bienen mit ihren Körpern monatelang um ihre Königin bilden mussten, um der Kälte Paroli zu bieten, wird jetzt ein lockerer Zusammenhang. Die Bienen fangen an sich auszudehnen, nicht nur, dass es wieder nach draussen in die Landschaft geht, auch im Korb selber wird der Raum, neu belebt, vielleicht auch neu entdeckt? Dort ein bisschen Schimmel abwischen, hier die Krümel der im Winter entdeckelten Vorratszellen entsorgen. Andere trinken kondensiertes Wasser, das aus dem Korb tropfen will. Die Bienen brauchen dieses Wasser, um den festen Honig wieder zu verdünnen, transportfähig zu machen, um ihn an den Ort zu bringen, an dem er gebaucht wird. Näher zum Brutnest vielleicht oder einfach dort hin, wo es wärmer ist, damit, wenn es nochmals richtig kalt werden sollte, es schon Vorräte zum Verbrauch im Nestinneren gibt. Denn sollte es nochmals kalt werden, könnten die einzelnen Bienen ja nicht einfach irgendwo hinlaufen, sie würden dann erstarren und langsam verhungern auf dem Weg zum Futter.

Der Tropfen im Morgenlicht

Im Winter war es mir ein Bedürfnis, den Kontakt zu den Bienen nicht zu verlieren. So ging ich fast täglich zu ihnen auf den Balkon, um eine einfache Hörprobe am Flugloch zu machen. Bei einem Volk, dem es gut geht, hört man ein sonores ruhiges Brummen, erzeugt von allen gemeinsam. Dazwischen, ab und zu, eine einzelne Biene, die mit ihren Flügeln eine andere etwas hellere Frequenz erzeugt. Vielleicht, weil sie unangenehm geschubst wurde oder der Weg versperrt war? In mir erzeugte dieses Brummen der einzelnen Völker, den ganzen Winter über, immer wieder das empfinden von Wärme und Freude im Herzen darüber, dass sie leben!

Jedes Volk hat, je nach Anzahl seiner Mitglieder ein etwas anderes Brummen, einen ganz eigenen Brummton. Beobachtet man oft, kann man, wie Stimmungsunterschiede von Volk zu Volk und von Tag zu Tag erahnen.
Jetzt ändert sich der Ton, der Frühlingston ist nicht mehr der Winterton. Das Innere wird mehr und mehr zur Geräuschkulisse, es wird ein Amsellied angestimmt. Der Korb als Instrument, die Waben als seine Saiten vielleicht? Die Bienen beginnen zu "stimmen". Noch vor Tagen war dieses Brummen, weit entfernt vom Flugloch, die Bienenvolkkugel hat sich im Laufe des Winters vom Flugloch entfernt, weil sie den vollen Futterwaben nach oben in den Korb folgen musste.

Nun bin ich gespannt, was weiter passieren wird.

Das ist der Frühling, es wird schwer, "Abstand" zu halten!

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